Bis spät ins 19. Jahrhundert ist Cham ein kleines Nest mit wenig Einwohnern, vielen Bauernhöfen und der Papiermühle an der Lorze. Doch dann kommen 1866 die Amerikaner. Ihnen fallen die vielen Milchkühe und der neue Bahnanschluss auf. Für George Ham Page (1836–1899) ist klar: Cham ist der ideale Standort für eine Fabrik. Er gründet die Anglo-Swiss Condensed Milk Company und macht Cham zu einem (kleinen) Weltdorf.
Cham wächst und gedeiht
Die «Milchsüdi», wie die Fabrik in Cham heisst, gedeiht. Damit setzt die bauliche Entwicklung in Cham ein. Häuser und Wirtschaften für die Arbeiter entstehen. Der Zimmermann Jakob Sennrich baut 1872 an der Zugerstrasse 19 das «Neudorf». Gut zehn Jahre später entscheidet er sich, seine Wirtschaft um einen Theatersaal mit Bühne zu erweitern. Viele Theateraufführungen, Gemeindeversammlungen, Konzerte, Turnerchränzli und Aktionärsversammlungen gehen im «Neudorf»-Saal über die Bühne. Zum Beispiel wird hier 1905 die Fusion zwischen der Chamer «Milchsüdi» und der Nestlé aus Vevey beschlossen.
Das Chamer Kino im «Neudorf»
Zwischen 1906 und 1911 bleibt der Betrieb des Saals weitgehend eingestellt. Im Neudorf werden Saal- und Bühnenumbauten vorgenommen. Dabei entsteht ein markanter, zweistufiger Bühnenturm mit moderner Bühnentechnik. 1923 kommt Cham in den Genuss der «bewegten Bilder»: Im Saal des DAS «NEUDORF» – EINST DER KULTURTREFFPUNKT VON CHAM Theateraufführungen, Gemeindeversammlungen, Turnerchränzli, Brockenhaus und sogar ein Kino: Das war das «Neudorf», bis 1978 ein Grossbrand seinen Untergang besiegelte. «Neudorf» nimmt ein Kino den Betrieb auf und zeigt jeweils am Samstag und Sonntag Filme. Der Eintritt kostet zwischen 80 Rappen (3. Platz) und 2.30 Franken (Galerie). Dorfpolizist Karl Häusler hat den Kinobetrieb zu überwachen und darauf zu achten, dass alles ordnungsgemäss abläuft. Die Theatergesellschaft kauft 1944 die Neudorf-Liegenschaft und baut im Erdgeschoss das Kino Neudorf ein. Grosse Theateraufführungen finden statt. Doch in den 1970er Jahre geht die Ära Neudorf langsam zu Ende: Zuerst wird das Kino, dann der Theatersaal geschlossen. Die Frauenzentrale richtet ein Brockenhaus ein und das letzte Restaurant ist die «Trattoria Baffo». 1978 kommt es zum Grossbrand: In der Nacht auf den 2. August zerstört ein Feuer den Neudorf-Komplex. Die vierteilige alte Überbauung ist abbruchreif. Zusammen mit der Brandbrache wird das ganze Gebiet inmitten des «Städtlis» einer Gesamtplanung unterzogen. Schon 1983 wird das Einkaufszentrum Neudorf eröffnet.