KISS steht für «Keep it small and simple» – halte es klein und einfach. Und genau dafür sorgen Karin Pasamontes und Michèle Hänggi. Gemeinsam betreuen sie die Geschäftsstelle der KISS-Genossenschaft Cham und sorgen dafür, dass Hilfe unkompliziert da ankommt, wo sie gebraucht wird. Heute betreuen sie die Anlaufstelle im Gemeinwesenzentrum an der Hünenbergerstrasse. Hier kann jede und jeder unangemeldet vorbeikommen, Fragen stellen, einen Bedarf anbringen oder – wenn die Zeit reicht – einen kleinen Schwatz halten.
Einfach da
Die Anlaufstelle ist jeden Dienstag von 14 bis 17 Uhr geöffnet. KISS Cham bietet noch viele weitere regelmässige Angebote, so zum Beispiel den Mittagstisch am Donnertag. «Das ist ein Gemeinschaftswerk von vier Kochteams verschiedener Organisationen. Freiwillige kochen gemeinsam für alle, die gerne am Mittagstisch dabei sind», erklärt Karin. Wie viele Personen jeweils zum Essen kommen, weiss man im Voraus nicht, denn der Mittagstisch braucht keine Anmeldung. «Es soll ja eben unkompliziert sein», so Michèle.
Auf allen Wegen erreichbar
Die Gemeinschaft mit einfachen Mitteln stärken, das steht für beide Frauen im Vordergrund. So gibt es beispielsweise auch keine vorgeschriebenen Kommunikationswege für Interessierte. «Ich erhalte Anfragen von überall: Telefon, E-Mail, beim Vorbeigehen auf der Strasse. Es ist mir wichtig, dass sich Mitglieder und Interessenten deswegen keine Gedanken machen müssen», sagt Michèle. Sie nimmt die Anfragen entgegen und kümmert sich so schnell wie möglich darum. «Es kann schon sein, dass ich nicht sofort eine Antwort habe. Aber früher oder später finde ich meist eine Lösung.»
So viel, wie es braucht
Dieses Jahr feiert KISS Cham das 10-jährige Jubiläum. In dieser Zeit ist die Gemeinschaft stark gewachsen. Viele Anlässe und Projekte wurden ins Leben gerufen, einiges auch wieder begraben. «Im Mittelpunkt stehen immer die Bedürfnisse der Menschen. Wenn sich diese ändern, passen wir unser Angebot an – oder beenden es», so Karin. Michèle und Karin machen, was mit ihren jeweiligen Pensen möglich ist. Natürlich gäbe es noch viele weitere Ideen, aber irgendwann reicht die Zeit einfach nicht mehr. «Ich bin zufrieden mit dem, was wir in den letzten Jahren erreicht haben. In Zukunft möchte ich die Gemeinschaft in Cham weiterhin stärken.», sagt Karin. Michèles Zukunftspläne: «In meiner Vision sollen Menschen aus Cham, die nicht allein sein wollen, auch nicht allein sein.»

«Es geht um das alltägliche»
Was ist eure Rolle bei KISS?
Karin Ich bin Geschäftsleiterin und kümmere mich um strategische Themen und die Vernetzung, mit dem Ziel, KISS weiterzuentwickeln und zu professionalisieren. Und ganz wichtig: Ich bin präsent im Dorf an vielen Angeboten und habe ein offenes Ohr für die Anliegen der Menschen. Natürlich tausche ich mich auch regelmässig mit Michèle aus, wir sind ein Team. Da spielen Hierarchien keine Rolle.
Michèle Als Koordinatorin bin ich die Ansprechperson für alle, die sich für KISS interessieren, sei es als Mitglied oder weil sie im Alltag Hilfe brauchen. Ich nehme die Anfragen entgegen und bearbeite sie. Zum Beispiel erkläre ich, was KISS ist, oder ich suche jemanden für ein Tandem. Mir ist es wichtig, nahe bei den Menschen zu sein und ich nehmen mir Zeit, mit ihnen zu reden und sie anzuhören.
Das Tandem ist ein zentraler Teil von KISS. Was ist das genau?
Michèle Beim Tandem hilft eine Person einer anderen. Unsere Aufgabe ist es, die richtigen Leute zusammenzubringen. Zum Beispiel braucht jemand Hilfe beim wöchentlichen Einkauf. Das Tandem-Gspändli begleitet diese Person und leistet den Fahrdienst. Es gibt aber viele verschiedene Möglichkeiten, um zu helfen.
Karin Es kann auch sein, dass die Rollen einmal wechseln und die helfende Person für etwas Hilfe braucht. Auch da können wir in einer begleitenden Rolle unterstützen.
Wie lange arbeitet ihr schon für KISS?
Karin Ich bin dabei, seit die Genossenschaft in Cham von 10 Jahren gegründet wurde. Es war ausserdem die erste im Kanton Zug. Anfangs machte ich sowohl die strategischen als auch die koordinativen Arbeiten selbst. Irgendwann wurde es zu viel und wir konnten die zweite Stelle schaffen. Heute arbeiten wir als gutes Team zusammen.
Michèle Als die neue Stelle vor rund drei Jahren geschaffen wurde, war ich eine Zeit lang mit dabei. Vor einem Jahr kam ich wieder zurück, weil es mich einfach nicht losliess. Die Nähe zu den Menschen und die positiven Erlebnisse, die ich schaffen kann, haben es mir angetan.

Was habt ihr bei dieser Arbeit gelernt?
Michèle Manchmal kann man mit wenig viel erreichen. Gemeinsam einen Kaffee zu trinken oder jemanden zu ermuntern, zum KISS-Kaffee zu kommen, kann bereits genug sein. Mit solch einfachen Mitteln entstehen Gemeinschaften, die einer Person das Leben erleichtern oder verschönern.
Karin Genau, es geht um das Alltägliche – um Schwierigkeiten, die der Alltag bereiten kann. Deshalb ist es besonders wichtig, den Menschen vorurteilsfrei zu begegnen. Das darf ich mir immer wieder in Erinnerung rufen. Es ist eine schöne und wertvolle Lebensschule, was mich demütig und dankbar macht.
Welchen Einfluss hat diese Erkenntnis auf euren Arbeitsalltag?
Michèle Wir versuchen die Menschen unkompliziert zueinander zu bringen. Die Freiwilligen können sagen, wann und wie viel sie helfen möchten und wir koordinieren es für sie. Mit unserer niederschwelligen und unkomplizierten Art schaffen wir Vertrauen. Wir sind da, wo sie sich aufhalten. Eure Arbeit ist sehr nahe an den Menschen und ihr wohnt beide in Cham. Habt ihr auch einmal Feierabend?
Karin Ich schätze den unkomplizierten Kontakt zu den Menschen, den diese Nähe ermöglicht. Ich habe inzwischen gute Strategien entwickelt: Ich gehe zum Beispiel selten zu Fuss ins Dorf. Meistens bin ich mit dem Fahrrad unterwegs, so kann ich bestimmen, ob ich für einen kurzen Schwatz anhalte oder beim Vorbeifahren kurz winke.

Wie entsteht ein Tandem?
1. Anfrage entgegennehmen
Ein Anliegen kann per Telefon, E-Mail oder unterwegs auf der Strasse angebracht werden. Michèle nimmt es entgegen und kümmert sich um die nächsten Schritte.
2. Partner finden
Ein Tandem muss einfach passen. Michèle sucht aus dem Pool von rund 400 Mitgliedern die passenden Personen und organisiert ein erstes Treffen.
3. Erstes Treffen
Karin begleitet das erste Treffen. Die Beteiligten haben vielleicht noch Fragen oder wissen nicht genau, was von ihnen erwartet wird.
4. Nachhaken
Hat sich das Tandem eingelebt, fragt Michèle nach, ob alles gut läuft.
KISS Cham ist eine Genossenschaft, die unbürokratische Nachbarschaftshilfe für alle vermittelt. Freiwillige unterstützen Menschen im Alltag und erhalten dafür einen Zeitnachweis. Diese Zeit können sie selbst einlösen, ansparen oder anderen verschenken. Zudem organisiert KISS verschiedene Aktivitäten und Treffen, die soziale Kontakte fördern und die Gemeinschaft stärken.